Die Intellektuelle Elite auf Reisen — was liest du?

Marianne J.  / pixelio.de
Marianne J. / pixelio.de

Kürzlich hatte ich früh morgens das zweifelhafte Vergnügen, weit vor dem Frühstück eine Geschäftsreise antreten zu dürfen. Schließlich ist zur Zeit Sommer befohlen und dann macht es besonders Spaß sich in das standesgemäße und obligatorische Business Casual zu schmeißen.

Auf Einladung eines bedeutenden (nicht unbedingt großen) Herstellers aus der Softwarebranche, der dann mehrfach durch persönliche Ansprache Nachdruck verliehen wurde, konnte ich mich der langen Reise nicht verwehren.

Also auf, um 4:15 Uhr morgens aufstehen und ab zum Flughafen, um ab 6:30 Uhr die rund 600 km in knapp einer Flugstunde in Angriff zu nehmen.

In einem Airbus 319-100 mit rund 80-100 meist männlichen Mitreisenden ging es von Köln aus los. Die drei oder vier anwesenden Damen waren kaum wahrnehmbar. Dennoch waren die von der Fluggesellschaft angebotenen sogenannten Lifestylemagazine neben den Tageszeitungen bereits vor dem Start vergriffen. An dieser Stelle gestehe ich, dass ich KEIN großer Freund des Fliegens bin. Hierbei habe ich weniger Probleme mit dem Flug an sich, sondern eher mit dem Start- und Landevorgang.

Während der kurzen Regenerationsphase zwischen dem für mich stressigen Start und der Vorbereitung auf die Landung habe ich die Gelegenheit genutzt und meine Mitflieger beobachtet. Dabei konnte ich feststellen, dass mehr als die Hälfte der anwesenden Fluggäste ein Werk der Redakteure in Händen hielten, von denen behauptet wird, zuerst mit den Toten gesprochen zu haben.

Die Pressung aus Hamburg hatte als Aufmacher den vermeidlichen Abschied der Bundestrainerin der Deutschen Frauen Nationalmannschaft. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte zu diesem Thema: „Neid-Debatte kommt in Fahrt.“ In der traditionell grauesten Tageszeitung wurde am Rand neben der Abschiedsvermutung auf die „große Gehaltsumfrage“ hingewiesen.

Auf der weiterführenden Seite hieß es in diesem Blatt zu der Umfrage sinngemäß „…verdienen Sie im Osten bis zu 33 % weniger als im Westen“. Diese Schlagzeile einer gesamtdeutschen Tageszeitung, die sich selbst als meinungsbildend beschreibt, rund 20 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung  zu lesen, wundert mich extrem.

Welche Meinungshetze verbirgt sich hinter diesem Aufmacher? Die besagte Tageszeitung ist im demokratisch geführten Teil unserer Republik entstanden. Den Machern sollten demzufolge die Grundbegriffe, die unserer Gesellschaft zu Grunde liegen, bekannt sein. Unter anderem regelt die soziale Marktwirtschaft unser wirtschaftliches Umfeld. Leitfaden der Marktwirtschaft ist das Preisfindungsprinzip, dass definiert, das Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen.

Vorausgesetzt, dass dies Prinzip bekannt ist, lasst dies den Schluss zu, dass die gewählte Schlagzeile der Zeitung nur dem reisserischen Auflage-erhöhendem Ziel gewidmet war. Warum die Redakteure hierbei ausdrücklich auf den Ost-West Konflikt eingehen und nicht zum Beispiel das Nord-Südgefälle der Lebenshaltungskosten in unserer gemeinsamen Republik thematisieren, bleibt mir ein Rätsel.

Bleibt abschließend festzustellen, dass basierend auf den Grundrechenarten ein Drittel weniger von NICHTS nichts zu. Ergebnis hat. Dafür darf sich die arbeitende und geringer entlohnt Bevölkerung im Osten Deutschlands dann bei den Griechen, Italiener und anderen Südeuropäern bedanken, die mit ihrer voraussichtlichen Pleite zu eben diesen Wertverfall beitragen könnten.

Die Veranstaltung fand selbstverständlich in klimatisierten Altersgrenzen Räumlichkeiten in München statt. Mehr dazu findest du hier.

Arne

schreibt seit 2009 unregelmäßig an diesem Blog unter anderem über die Themen Fußball (HSV), Technik und Software. Unter anderem auch unterwegs Twitter, Google+, Facebook und XING

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